(Sonja Rexwinkel) Wer tot ist, ist tot, unerreichbar, unwiederbringlich verloren für uns. Diese Erfahrung macht jeder von uns irgendwann. Doch nun soll da jemand vom Tod auferstanden sein. Die Bibel berichtet von der Auferstehung Jesu. Selbst jetzt, nach rund zweitausend Jahren klingt das noch immer unglaublich.
Wie soll man sich das vorstellen? Das wäre doch eine Sensation! Da müssten doch buchstäblich die Wände wackeln! Doch weit gefehlt! Im Johannes-Evangelium, Kapitel 21, Vers 1-14 wird berichtet, dass Jesus sich nach seinem Tod seinen Anhängern mehrmals als Lebender zu erkennen gegeben hat.
Setzt man sich mit der Ostergeschichte näher auseinander, fällt einem auf: Weder Posaunen ertönen, noch gibt es ein lautes Getöse. Auch ist da keine applaudierende Menschenmenge. Jesus begegnet seinen Freunden ganz ruhig und behutsam. Er sucht sie auf, wo sie gerade sind: beim Fischen, im Garten, zu Hause. Er zeigt sich ihnen in ihrem ganz normalen Alltag. Dabei drängt er sich nicht auf, sondern lädt ein. Er überfällt seine Anhänger nicht mit der Forderung, nicht zu zweifeln und endlich zu glauben. Nein, Jesus versteht, dass seine Freunde Angst haben. Er fühlt mit ihnen. Und er ermutigt sie bei diesen Begegnungen immer wieder: Habt keine Angst! Fürchtet euch nicht! Ich bin bei euch!
Jesus drängt sich nicht auf. Bei all diesen Treffen mit seinen Jüngern bleibt er zurückhaltend. Ohne viel Trara ist er plötzlich unter ihnen und zeigt ihnen, dass er lebt. Dann entzieht er sich ihnen wieder, indem er verschwindet. Er lässt ihnen die Freiheit, selbst zu entscheiden, wie sie mit dieser neuen Erfahrung umgehen wollen, mit der Erkenntnis: Jesus war tot, doch er ist nicht im Tod geblieben. Er lebt!
Wenn ich darüber nachdenke, was das für mich bedeutet, dann denke ich an einen Menschen, den ich sehr geliebt habe, der aber tot ist und den ich sehr vermisse. Wie schön, dass ich darauf hoffen kann, ihn in der Ewigkeit wieder zu sehen! Ich kann es kaum erwarten, bis wir wieder vereint sind. Im Traum begegnen wir uns, und ich mache die beglückende Erfahrung, dass wir uns – bei aller räumlichen Trennung – innerlich noch immer sehr nahe sind. Im Herzen, in meinen Gedanken, in allen Empfindungen und Gefühlen, die wir füreinander hatten. Ich weiß mich mit ihm noch immer verbunden. Er ist da, ohne sichtbar zu sein – wie Gott, unser Vater. Unsichtbar, leise, aber ständig um mich – eine wunderbare Vorstellung, ein Traum! Und ich wünsche, dass wir bald in einer neuen Wirklichkeit wieder vereint sein werden.
Solche Vorstellungen haben immer auch mit Glauben zu tun. Sie führen zu der beglückenden Erkenntnis, das wir nicht allein sind, auch nicht in Zeiten großer Einsamkeit wie sie viele Menschen z.B. durch die Anti-Corona-Maßnahmen empfunden haben. Auch wenn keiner bei uns ist, Gott ist immer da, auch wenn wir ihn nicht sehen. Er macht nicht mit Getöse auf sich aufmerksam, sondern läßt sich finden, wenn man still wird und in sich geht, wenn die äußeren Dinge unwichtig werden und wir uns ihm öffnen.
Ostern ist das Fest des Lebens. Christinnen und Christen feiern an diesem Tag überall auf dieser Welt: Das Leben ist stärker als der Tod. Diese Botschaft hat nicht nur eine Bedeutung am Ende des Lebens, sondern sie prägt schon hier und jetzt das Leben. Immer da, wo das Leben stärker ist als der Tod, ist etwas von Ostern spürbar.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gesegnetes und frohes Osterfest. Ihre
Sonja Rexwinkel